Diagnose und Behandlung von Glücksspiel-Störungen
Nach den Leitlinien des (aktuell in Deutschland geltenden) Klassifikationssystems ICD-10 (Diagnosecode F63.0) wird pathologisches Glücksspiel als „Impulskontrollstörung“ klassifiziert. Typischerweise liegen dabei über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr hinweg mehrfach Episoden des Glücksspiels vor, bei denen Betroffene immer weiter spielen, obwohl sie mehr Verluste als Gewinne machen. Trotz ihres persönlichen Leidensdrucks und deutlicher Beeinträchtigungen in sozialen oder beruflichen Bereichen geben sie das Spielen nicht auf. Kennzeichnend ist zudem ein starkes, schwer beherrschbares Verlangen zu spielen sowie eine dauernde gedankliche Beschäftigung mit dem Glücksspiel, die den Alltag der Betroffenen erheblich einschränkt. Mit der Einführung des neuen Klassifikationssystems ICD-11 wird die Glücksspiel-Störung bzw. das Pathologische Glücksspielen als eigenständige Abhängigkeitserkrankung geführt werden.
Kontrollverlust „in Raten"
Im Verlauf der Erkrankung geht die Kontrolle über das Spielverhalten immer mehr verloren. Zu Beginn machen die Spielenden oftmals mehrfach positive Erfahrungen (Gewinnphasen), die mit Euphorie einhergehen. Im weiteren Verlauf dominieren jedoch Verluste. Die Betroffenen erhöhen die Einsätze, um Rückstände auszugleichen („Chasing“ = den Verlusten hinterherjagen) und spielen häufiger. Oftmals lügen sie über das Ausmaß ihres Spielens und verheimlichen finanzielle Probleme. Das Glücksspiel rückt immer stärker in den Mittelpunkt, während Familie, Beruf und Freizeit vernachlässigt werden. Sobald nicht mehr gespielt wird, treten bei vielen Entzugserscheinungen wie zum Beispiel Unruhe, Nervosität und Schlafstörungen auf. Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung ist das Verhalten häufig stark außer Kontrolle geraten. Die Betroffenen spielen sehr viel, positive Erlebnisse bleiben in der Regel aus. Als Folge des pathologischen Spielens intensivieren sich negative Begleiterscheinungen wie etwa Schulden und Beziehungskonflikte. Psychisch sind viele Betroffene stark belastet, unter anderem durch Schuldgefühle, depressive Stimmungen und Suizidgedanken.
Beratung und Behandlung
Es gibt vielfältige Behandlungs- und Beratungsangebote für Menschen mit einer Glücksspiel-Störung. Ein guter erster Anlaufpunkt sind (zum Teil spezialisierte) Suchtberatungsstellen für Betroffene und Angehörige. In diesem Rahmen werden die Klient*innen auch an weiterführende Hilfsangebote (wie z.B. Schuldnerberatungen) vermittelt.
Für Betroffene mit der Diagnose „Pathologisches Glücksspielen“ besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen, die über Krankenkassen oder Rentenversicherungsträger finanziert werden.
Eine Psychotherapie zielt darauf ab, dysfunktionale Denkmuster und Verhaltensweisen zu ändern und vermittelt Strategien zur Rückfallprävention. Eine Therapie kann sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt werden. Eine Rehabilitation erfolgt in Fachkliniken und dauert typischerweise mehrere Wochen. Dort arbeiten die Betroffenen unter entlastenden Bedingungen intensiv an ihrer Spielproblematik. Ergänzend dazu gibt es ein breites Angebot an Selbsthilfegruppen für Betroffene und Angehörige.